Ständeordnung: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 7. März 2023, 20:39 Uhr
Die Ständeordnung legte fest, zu welcher Gruppe von Menschen ein Einzelner gehörte. Die Ständeordnung legte also fest, wie die Gesellschaft aufgebaut war. Diese Ordnung gab es vom Mittelalter bis weit in die Neuzeit hinein.
In vielen Gebieten gab es drei Stände. Der erste Stand war der Klerus, also die Leute der Kirche. Der Adel mit dem König an der Spitze bildete den zweiten Stand. Die freien Bauern und die freien Bürger einer Stadt bildeten den dritten Stand. Noch unter dem dritten Stand, waren die unfreien Menschen, die man „Hörige“ nannte.
Vorbild für die Ständeordnung war die Gliederung der Gesellschaft im Römischen Reich. In den verschiedenen Ländern und in den verschiedenen Zeiten konnte die Ständeordnung recht unterschiedlich sein. Dies hatte auch damit zu tun, dass jedes Land seine eigenen Gesetze machte.
Welchem Stand ein Mensch angehörte, richtete sich nach seinen Vorfahren. Der Stand wurde nämlich vererbt, man bekam ihn also bei der Geburt. Dies galt für den Adel, die freien Bürger und die Hörigen. Den Stand zu wechseln war sehr schwierig. Es gelang allenfalls durch besondere Verdienste, durch die ein Mensch in den Adelsstand erhoben werden konnte. Auch konnten Menschen aller Stände einem Kloster beitreten und sich so auf die Seite der Kirche schlagen. Zum wirklich einflussreichen Bischof schafften es aber nur sehr wenige. Denn auch in der Kirche gab es eine klare Struktur mit „oben und unten“.
Die Bauernkriege waren ein vergeblicher Versuch in Deutschland, die Ständeordnung abzuschaffen. In Frankreich war die Ständeordnung besonders ausgeprägt. Sie wurde durch eine Revolution aufgelöst, nämlich die Französische Revolution. Die Menschen wollten Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Die Ständeordnung war jedoch so ziemlich das Gegenteil von Gleichheit.
Wenig später eroberte Napoleon Bonaparte große Teile Europas mit seiner Armee. Nachdem er besiegt war, wurde am Wiener Kongress in den Jahren 1814 und 1815 Europa neu geordnet. Dies bedeutete auch zum großen Teil das Ende der Ständeordnung.
Zur Zeit der Ständeordnung gab es auch eine besondere Wirtschafts-Ordnung. Man nannte sie den Feudalismus. Das war eine bestimmte Art, wie der Besitz verteilt war und wie man damit umging.
Welches ist der höchste Stand?
Dass die Kirche der Erste Stand war und nicht der Adel, mutet auf den ersten Blick seltsam an, ist aber erklärbar. Der Papst war als Vertreter Gottes auf der Erde anerkannt. Er war also so ähnlich wie „Gott auf der Erde“. Er wurde von bestimmten Bischöfen gewählt. Dies geschah in Rom. Die Kirche machte das alles für sich allein, unabhängig vom Adel. Der Adel musste den Papst anerkennen. Meistens war es auch so.
Zudem hing es von der Kirche ab, ob man das Leben nach dem Tod im Himmel oder in der Hölle verbrachte. Und da die Ewigkeit eben ewig dauerte und somit viel länger als das Leben auf dieser Welt, war dies für die Menschen der damaligen Zeit sehr wichtig.
Im schlimmsten Fall konnte die Kirche einen Menschen aus ihrer Gemeinschaft ausschließen, also exkommunizieren. Wer das erleben musste, dem blieb nur noch die Aussicht auf die Hölle. Aber schon sein Leben auf dieser Welt war ruiniert, weil er von der ganzen Gesellschaft ausgeschlossen wurde, kaum mehr Freund fand und kein normales Leben mehr führen konnte.
Beim König war es umgekehrt als beim Papst. Damit er als rechtmäßiger Herrscher anerkannt wurde, brauchte er den Segen des Papstes oder zumindest eines Bischofs. Viele Könige wurden in ihrer Heimat durch einen Erzbischof aus ihrer Nähe gekrönt. Karl der Große reiste sogar nach Rom, um sich dort vom Papst krönen zu lassen. Dies spricht dafür, dass die Kirche über dem Adel stand.
Andererseits stand der König eben doch über allem. Ihm gehorchte die Armee. Die Kirchengüter durfte er zwar nicht antasten, konnte es aber im Notfall trotzdem tun. Und falls er von der Kirche zum König gekrönt worden war, war er eben auch so etwas wie „Gott auf der Erde“.
Die Sache war also nicht so einfach, hielt sich aber während Jahrhunderten im Gleichgewicht. Ins Wanken kam dieses System unter anderem durch die Reformation. Ihrem Denken zufolge kam der Mensch durch die Gnade Gottes in den Himmel, unabhängig von der Kirche.
Wie war es innerhalb der Stände?
Auch innerhalb eines Standes gab es ein klares „Oben und Unten“. Es war vergleichbar mit einer Armee, wie wir sie heute noch kennen. Dort sind die Stufen vom Soldaten bis zum General genau vorgegeben. So war es auch in der Kirche: Wer Mönch oder Nonne wurde, war zuunterst. Wer Priester werden wollte, musste Theologie studieren. Er konnte dann zum Beispiel das Abendmahl leiten und andere Sakramente spenden. Dadurch stand er über den Nonnen und Mönchen. Es gab aber auch Leute aus dem Adel, oft Frauen, die viel Geld in ein Kloster mitbrachten. Dadurch wurden sie gleich zur Vorsteherin, also zur Äbtissin, eines Klosters.
Auch der Adel war kein einheitliches Gebilde. Der Kaiser oder König war im Staat so etwas wie der Papst in der Kirche oder der General in der Armee. Zum Hochadel gehörten, von oben nach unten gesehen, Herzöge, Fürsten und Grafen. Freiherren und ein Teil der Ritter gehörten zum niedrigeren Adel. Auch hier gibt es aber auch große Unterschiede zwischen den Ländern, vor allem in den Namen.
Auch im Dritten Stand waren nicht alle gleich. Die Handwerker in den Städten zum Beispiel bildeten Gilden und Zünfte. Die Reihenfolge reichte vom Lehrling über den Gesellen und den Handwerks-Meister bis zum Zunftmeister. Auch unter den freien Bauern und unter vielen anderen Gruppen gab es Männer mit mehr oder weniger Einfluss.
Es gab aber noch einen weiteren wichtigen Unterschied: Die Frauen mussten sich den Männern überall unterordnen. Der Mann war der Chef der Familie. Ledige Frauen mussten sich zeitlebens nach ihrem Vater richten. Starb dieser, trat ein Bruder an dessen Stelle. Heute gibt es das nur noch in bestimmten Fällen, wenn zum Beispiel jemand nicht selbst für sich sorgen kann. Früher galt dies für alle Frauen. Ihr „Chef“ war der Vormund, früher wurde er sogar „Vogt“ genannt. Gründe für diese Regelung fanden die Männer in der Bibel, sowohl im Alten Testament als auch in den Briefen des Apostels Paulus.
Wer konnte was besitzen?
Grundsätzlich gehörte alles dem König, vor allem die Ländereien. Bei der Kirche war es etwas komplizierter. Es gab auch privaten Besitz, aber auch den konnte der Herrscher einziehen, wenn er unbedingt wollte. Durch ihr Handwerk zum Beispiel konnten viele Menschen reich werden. Auch freien Bauern konnte dies gelingen. Manchmal gelang es auch einem Hörigen, Geld anzusparen und sich damit freizukaufen. Er stieg dann in den Dritten Stand auf.
Der König konnte aber seine Ländereien unmöglich alle selbst verwalten. Deshalb lieh er sie Adeligen. Die bezahlten dafür einen Zins. Sie mussten aber dem König auch Dienste leisten. So mussten sie zum Beispiel selbst mit ihm in den Krieg ziehen und ihm Ritter und weitere Soldaten zur Verfügung stellen. Diese Organisation nannte man „Lehnswesen“.
Die Kirche und vor allem die Klöster besaßen manchmal viel Geld und ausgedehnte Ländereien. Die bekamen sie oft geschenkt oder sie wurden sogar verlangt, wenn reiche Leute ins Kloster eintreten wollten. Einmal der Kirche beigetreten, besaß der einzelne aber nichts mehr. Über Geld bestimmen konnte nur jeweils der oberste, also der Abt oder zum Beispiel der Bischof. Diesen Besitz durfte der Staat eigentlich nicht für sich beanspruchen. Manche Herrscher taten es trotzdem, vor allem beim Zerfall der Ständeordnung.
Warum hielt sich die Ständeordnung so lange?
Dafür gab es zwei wesentliche Gründe: Wer herrschte, wollte diese Herrschaft kaum abgeben. So drohte der Adel mit Waffengewalt, wenn sich jemand dieser Herrschaft widersetzen wollte oder seinen Zins nicht ablieferte. So wurde auch viel Blut vergossen. Dies betraf nicht nur einzelne, sondern ganze Völker. Das Wachstum der Eidgenossenschaft zum Beispiel war immer wieder mit Befreiungskriegen verbunden, die nicht immer erfolgreich verliefen.
Ein zweiter Grund lag im Glauben der Menschen der damaligen Zeit. Die Bibel spricht an vielen Stellen davon, dass die Menschen Gott und auch den weltlichen Obrigkeiten gehorchen sollen. Die Kirche lehrte, dass andernfalls die Hölle drohte oder zumindest eine lange und schmerzhafte Zeit im Fegefeuer. Weil die meisten davor Angst hatten, taten sie eben, was von ihnen verlangt wurde.
Wie endete die Ständeordnung?
Die Ständeordnung war nicht ganz starr. Schon im späten Mittelalter gelang der Aufstieg immer mehr Leuten. In der Kirche war unter Umständen der Aufstieg bis zum Bischof möglich. Wer zum dritten Stand gehörte und ein Amt besonders gut ausführte, konnte zum freien Bürger einer Stadt werden. Aber auch der Abstieg war möglich. Wenn ein Adeliger für ein standesgemäßes Leben zu wenig Geld hatte, konnte er den Adelstitel verlieren und in den Dritten Stand zurückversetzt werden.
Es gab immer wieder große Ereignisse, die zur Gefahr für die Ständeordnung wurden. Eines davon war die Lehre des Martin Luther. Sie machte alle Menschen vor Gott gleich, aber nicht vor den anderen Menschen. Bei den ersten beiden Ständen änderte sich kaum etwas. Am ehesten veränderte sich etwas innerhalb des dritten Standes.
Im 18. Jahrhundert begannen viele Menschen anders zu denken. Es war die Zeit der Aufklärung. Gott wurde weniger wichtig, die Wissenschaft dafür umso wichtiger. Was Philosophen wie Immanuel Kant sagten, wurde für viele Menschen wichtiger als die Predigten der Kirche.
Ein großer Einschnitt war die Französische Revolution. Die Forderung nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit stieß die bisherige Ständeordnung um. Der Adel und die Kirche verloren viel Macht. Alle Menschen wurden fortan Bürger genannt. Es gab auch zum Beispiel Parlamente in die man sich wählen konnte.
Wenig später überrannte die Armee des Napoleon große Teile Europas. Für die Eidgenossenschaft, die damalige Schweiz, bedeutete dies das Ende der ohnehin eher schwachen Ständeordnung. Für Deutschland und Österreich war vor allem der Wiener Kongress in den Jahren 1814 und 1815 wichtig. Der Adel verlor viel Einfluss, wurde dort aber erst nach dem Ersten Weltkrieg abgeschafft. In Großbritannien gibt es heute noch einen Adel. Im Oberhaus des Parlaments sitzen noch immer vor allem Angehörige von Adel und Klerus. Sie werden aber wie alle andere Menschen behandelt.