Ötzi
Ötzi nennt man einen Mann, der am Ende der Jungsteinzeit gelebt hat. Zwei deutsche Wanderer haben seine Leiche vor etwa dreißig Jahren im Gebirge gefunden. Die Kälte und das Eis des Gletschers hatten aus seiner Leiche eine Mumie gemacht. Neben der Leiche fand man auch noch zahlreiche Gegenstände, die wohl zu Ötzis Ausrüstung gehört haben.
Sein toter Körper wurde zufällig gefunden. Auf einer Höhe von 3208 Meter über dem Meeresspiegel. Ötzi lag in einer Felsmulde. Weil der Sommer 1991 ungewöhnlich warm war, war viel Eis des Gletschers weggeschmolzen. Dadurch kam ein Teil der Mumie zum Vorschein. Die beiden Wanderer meldeten den Fund der Polizei.
Die Polizisten waren bei der Bergung nicht besonders vorsichtig. Man dachte es wäre eine "gewöhnliche" Leiche und sie würde einfach begraben werden. Selbst bei einem Mord hätte man den Täter nämlich nicht mehr belangen können, da der sicher auch schon tot war. Die Beamten packten alles in Plastiktüten. Den Pfeilbogen zerbrachen sie, weil er zu groß war. Später wurden der Leiche beide Arme gebrochen, weil sie nicht in den Sarg passten.
Die Wissenschaftler wurden dann aber trotzdem aufmerksam und untersuchten die Leiche ausführlich. Sie fanden heraus, dass Ötzi vor etwa 5.300 Jahren gelebt haben musste. Man konnte durch seine Leiche, seine Kleider und Waffen viel über die Jungsteinzeit erfahren. Den Namen „Ötzi“ bekam die Mumie, weil sie im Ötztal gefunden wurde. Sein Fundort liegt genau an der Grenze zwischen dem österreichischen Tirol und Südtirol in Italien. Ötzi hat noch weitere Namen: Mann vom Tisenjoch, Mann vom Hauslabjoch, Mann aus dem Eis oder Mumie vom Similaun. Drei der vier dieser Namen weisen auf den Fundort hin.
Die Mumie wurde während Jahren von Wissenschaftlern aus der ganzen Welt untersucht. Man erfuhr dadurch sehr viel. Trotzdem blieben noch einige Rätsel offen. Die Gletscherleiche ist seit über zwanzig Jahren im Archäologiemuseum in der Stadt Bozen in Südtirol ausgestellt. Sie kam dorthin, da man nach langem Messen festgestellt hat, dass der Fundort in Italien liegt. Ötzis Körper liegt in einer Kühlzelle mit immer gleich bleibender Luftfeuchtigkeit und Temperatur, damit er nicht verwest. Besucher des Museums können ihn durch ein kleines Fenster sehen. Außerdem wurde in zwei Freilichtmuseen vieles rund um Ötzi nachgebaut. Das zieht sehr viele Touristen an.
Ötzi ist die älteste Mumie eines Menschen, die man bislang gefunden hat. Nur Dank vieler glücklicher Zufälle blieb sie so gut erhalten und konnte geborgen werden. Daher ist sie von riesigem Wert. Durch sie haben Wissenschaftler sehr viel über das Leben der Menschen am Ende der Jungsteinzeit herausgefunden.
Was lernt man aus der Mumie?
Ötzi war zwischen vierzig und fünfzig Jahre alt. Seine Gelenke waren wenig abgenutzt. Er hatte also nicht während des ganzen Lebens schwer gearbeitet. Vielleicht war er sogar eher reich.
Über den ganzen Körper verteilt hat er viele Tätowierungen. Mit einer Nadel hatte man Punkte in seine Haut gestochen und Kohlestaub eingerieben. Bakterien in seinem Magen verraten, dass er oft Bauchschmerzen hatte. Die versuchte er mit einem besonderen Pilz zu lindern, den er bei sich hatte.
Die Blütenpollen in seinem Darm verraten ebenfalls viel: In den letzten Tagen legte er weite Strecken zurück. Er war im Wald aber auch weiter oben und aß dort Pflanzen, die er fand. Kurz vor seinem Tod aß er Fleisch von einem Steinbock.
Etwa einen Tag vor seinem Tod kämpfte Ötzi mit einem Menschen oder einem Tier. Davon zeugen Kratzer auf seiner Haut. An einem Arm und an beiden Händen fand man Schnittwunden. Dadurch starb er jedoch nicht.
Lange rätselte man darüber, woran Ötzi denn gestorben war. Erst spät fand man in seinem Rücken eine Pfeilspitze aus Feuerstein. Die hatte einen Knochen durchschlagen, nämlich das linke Schulterblatt. Darunter durchschnitt sie eine wichtige Ader.
Ob Ötzi daran gestorben ist, weiß man aber nicht genau. Vom Pfeil getroffen stürzte er und schlug mit dem Kopf auf den Steinen auf. Durch den Aufprall verletzte er sich am Gehirn. Vielleicht war das die eigentliche Todesursache.
Was weiß man durch die Kleidung und das Gepäck?
Ötzi trug eine Jacke und eine Art Hose, beides aus Schaf- und Ziegenfell. Die Hose besteht aus kleineren Fellstücken, die mit Sehnen zusammengenäht sind. Darüber trug er einen Lendenschurz, der bis zu den Knien reichte. Sein Gürtel war aus Kalbsleder, seine Kopfbedeckung aus Bärenfell.
Seine Schuhe hatten Sohlen aus Bärenfell. Damit er warm hatte, lag das Fell innen. Außen bildeten Lederstreifen ein Profil, damit er weniger rutschte. Oben am Schuh lag das Fell außen, damit das Wasser ablief. Drin befand sich ein zweiter Schuh, geflochten aus Grasschnüren. Außen gab es Schnürsenkel.
Ötzi hatte ein wertvolles Beil aus Holz mit einer Kupferklinge dabei. Er lebte also bereits in einer Zeit, als die Menschen lernten neben Steinen auch Metalle zu verarbeiten. Man spricht daher auch von der Kupferzeit. Außerdem fand man einen Pfeilbogen und vierzehn Pfeile. Zwei davon tragen Spitzen aus Feuerstein. Auch einen Dolch mit einer Feuersteinklinge trug er auf sich.
Etwas entfernt fand man eine Rückentrage. Dieses Gestell aus Holz gleicht einem Stuhl ohne Vorderbeine, das man sich auf den Rücken schnallte. Vermutlich war darauf eine Tasche oder ein Sack aus Fell befestigt. Ebenfalls in der Nähe lagen zwei Gefäße aus Birkenrinde. In einem lag noch etwas Holzkohle. Ötzi hatte also Glut mitgenommen, damit er jederzeit ein Feuer entfachen konnte. In seiner Gürteltasche fand man verschiedene Werkzeuge. Dazu gehörte auch das Mineral Pyrit, mit dem man Feuer schlagen konnte. Ötzi hatte sich also doppelt abgesichert. Das zeigt, wie wichtig damals Feuer war.
In einem solchen Behälter aus Birkenrinde trug Ötzi glühende Holzkohle mit sich.
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