Reichsstadt
Eine Reichsstadt war früher eine Stadt, wenn sie bestimmte Rechte hatte. Gemeint ist mit dem Reich das Heilige Römische Reich, das es bis zum Jahr 1806 gab. Wenn eine Stadt nicht zu einem Königreich oder Fürstentum oder sonst einem anderen Gebiet gehörte, dann war sie Reichsstadt. Man sagt auch: reichsunmittelbare Stadt. Zwischen Stadt und Kaiser gab es also keine weiteren Herrscher.
Andere Städte im Heiligen Römischen Reich waren zum Beispiel Residenzstädte. Dort hatte ein Fürst oder ein Bischof seine Residenz, seinen Sitz, von dem aus er regierte. Eine Freie Stadt hatte noch über sich einen Bischof als Landesherren. Sie war ansonsten aber ähnlich frei wie eine Reichsstadt.
Eine Reichsstadt durfte bei sich so ziemlich alles selbst bestimmen, zum Beispiel, wer der Bürgermeister sein sollte. Viele Reichsstädte hatten noch Gebiete, die außerhalb der Stadt lagen. Dort benahm sich die Reichsstadt wie ein Landesherr.
Im Reich selbst sprach sie für sich selbst, im eigenen Namen. Der Reichstag war ein Treffen der Herrscher im Reich: Im Reichstag gab es eine eigene Sitzbank für diejenigen, die eine Reichsstadt vertraten.
Welche Städte waren Reichsstadt?
Eine Reichsstadt hatte keinen Herrscher über sich, wenn die Herrscherfamilie ausstarb. So eine Familie waren die Staufer, die ihre Macht im Jahr 1245 verloren haben. Die Städte, die von den Staufern gegründet worden waren, lagen oft im Süden Deutschlands. Dort gab es daher viele Reichsstädte.
Aachen war zum Beispiel eine Reichsstadt, weil ein Freiheitsbrief eines Kaisers das so bestimmt hatte. Außerdem hatte Aachen eine besondere Rolle im Reich: Es war die Stadt, in der die neugewählten Kaiser gekrönt wurden. Ähnlich war es bei Frankfurt am Main: Dort wurden die Kaiser gewählt.
Manche Reichsstädte waren reiche Handelsstädte. Ein Beispiel dafür ist Nürnberg. Auch Nürnberg war Reichsstadt dank einem Kaiser. Verden ist eine der wenigen Reichsstädte im Norden Deutschlands, heute liegt es in Niedersachsen. Diese Stadt wurde eher spät, erst gegen Ende des Mittelalters Reichsstadt.
Was ist aus den Reichsstädten geworden?
Einige Reichsstädte wurden von Fürsten erobert. Andere lagen in Gebieten, die nach dem Westfälischen Frieden nicht mehr zum Reich gehörten: Das waren die Niederlande und die Schweiz. Die Reichsstädte im Elsass kamen zu Frankreich.
Im Jahr 1803 nahm der Reichstag eine Art Gesetz an: den Reichsdeputationshauptschluss. Damals wollten mehrere mächtige Herrscher, dass es nicht mehr so viele Reichsstädte und Gebiete von Bischöfen gibt. Diese Herrscher bekamen diese Städte und Gebiete als Ausgleich, weil sie vorher Land an Frankreich verloren hatten.
Nach dem Ende des Reichs gab es seit dem Jahr 1815 den Deutschen Bund. Nur noch vier Städte waren eigene Staaten im Bund: Hamburg, Bremen, Lübeck und Frankfurt. Man nannte sie freie Städte. Im Jahr 1866 eroberten die Preußen Frankfurt und schlossen es sich an. Die Nationalsozialisten sorgte im Jahr 1937 dafür, dass Lübeck keine eigene freie Stadt mehr war.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Bundesrepublik Deutschland gegründet. Die verbliebenen freien Städte Hamburg und Bremen wurden zu Bundesländern. West-Berlin wurde ein besonderes Gebiet, das weniger Rechte hatte, aber zur Bundesrepublik gehören wollte. Seit der Wiedervereinigung ist Berlin wie Hamburg und Bremen auch ein richtiges Bundesland. Man nennt diese drei Bundesländer auch Stadtstaaten.
Eine frühere Reichsstadt erkennt man heute noch oft an ihrem Wappen. Im Wappen sieht man nämlich einen Adler, das Symbol des Kaisers. Der Adler ist meistens schwarz, aber nicht immer. Der Hintergrund ist oft gelb, was man auch gold nennt. So ein Adler erinnert schon sehr an den heutigen Bundesadler der Bundesrepublik Deutschland.