Taliban
Die Taliban gelten heute als Terrorgruppe. Sie herrschen über große Teile des Landes Afghanistan. Ursprünglich waren es afghanische Flüchtlinge, die sich einer besonderen Auslegung des Islams zuwandten und diese Lehre mit alten Stammesgesetzen vermischten. Man hörte von ihnen erstmals im Jahr 1994, als sie die afghanische Stadt Kandahar beschossen.
In den Jahren von 1996 bis 2001 waren die Taliban in Afghanistan an der Macht. Sie waren sehr grausam. Menschen, die nicht so streng religiös dachten und leben wollten, wurden von den Taliban verfolgt und umgebracht. Wert hatten allein die Männer, Frauen und Mädchen behandelten sie oft fast wie eine Ware.
Dann wurden sie von den USA und anderen Ländern besiegt. Doch die Taliban gab es weiterhin. In dieser Zeit entpuppten sie sich erst recht als Terroristen, die viele Afghanen und ausländische Soldaten töteten. Im Jahr 2021 verließen die meisten ausländischen Soldaten das Land. Innerhalb von wenigen Tagen haben die Taliban dann wieder die Macht übernommen.
Wie entstand die Taliban-Bewegung?
Ein Talib ist ein „Schüler“ oder ein „Suchender“. Gemeint ist damit allgemein ein Schüler einer Koranschule. Bei den Taliban handelte es sich ursprünglich um afghanische Flüchtlinge, die im Nachbarland Pakistan Koranschulen mit einer besonderen Ausrichtung besuchten.
Die Lehre dieser Schulen stützte sich wesentlich auf den Koran ab. Zusätzlich wichtig ist aber auch eine Lehre, die man „Deobandismus“ nennt. Die ist sehr streng und lehnt alle Gedanken ab, die aus der Westlichen Welt oder aus der Zeit vor dem Islam kommen. Man dürfe daher nicht von anderen Völkern und Kulturen lernen. Der Staat müsse immer von strenggläubigen Muslimen gelenkt werden.
Das dritte Standbein dieser Lehre ist der „Paschtunische Rechts- und Ehrenkodex“. Die Paschtunen sind ein Volk von etwa fünfzig Millionen Menschen, von denen etwa ein Drittel in Afghanistan lebt und dort knapp die Hälfte der Bevölkerung ausmacht. Diese Sammlung von Gesetzen gehört zu den Stammesgesetzen. Es geht darin um den Schutz der Familie, des Stammes, der Nation und der Ehre.
Diese Deobandi-Bewegung hatte auch im südlichen Teil Afghanistans Koranschulen. Dort entstand die Gruppe der Taliban, die es seitdem in Afghanistan, aber auch in Pakistan gibt. Dieses Nachbarland liegt im Süden Afghanistans.
Warum fühlten sich Menschen durch die Gedanken der Taliban angesprochen?
Die Gedanken der Taliban erfüllten verschiedene Sehnsüchte der Menschen. Deshalb konnte sich die Bewegung auch ausbreiten. Drei wesentliche Punkte standen im Vordergrund:
Die Taliban stellten den Islam in den Mittelpunkt. Dazu gehören aber außer den religiösen Schriften auch viele mündliche Überlieferungen. Mit diesen gingen sie oft recht großzügig um. So durfte zum Beispiel die Blutrache aus den Stammesgesetzen an vielen Orten weiterhin gelten. Die Menschen fühlten sich deshalb in ihren Traditionen ernst genommen.
Sowohl die Taliban als auch die paschtunische Stammeskultur stellt den Mann in den Mittelpunkt und wertet die Frau ab. Das gefällt vielen Männern. Sie fühlen sich als Talib stärker als vorher. Sie zeigen sich deshalb auch gerne mit einem Maschinengewehr in den Händen auf einem Motorrad oder auf einem Geländefahrzeug.
Den Taliban gelang es, sich als Vertreter der ärmeren Menschen darzustellen. Die meisten von ihnen hatten auch nicht an einer Universität studiert, sondern waren zum Beispiel Chef eines kleineren Dorfs, die selbst kaum lesen und schreiben konnten. Zudem kamen sie aus dem eigenen Land. Dies war besonders wichtig, weil das Land während so langer Zeit von fremden Mächten regiert worden war.
Was machten die Taliban als Herrscher des Landes?
Seit dem Jahr 1994 kämpften dann Taliban als Soldaten im Bürgerkrieg: Afghanistan war zuerst von der Sowjetunion besetzt worden. Als die Sowjetunion das Land verließ, kämpften verschiedene Gruppen im Bürgerkrieg um die Macht. Im Jahr 1996 eroberten die Taliban die Hauptstadt des Landes, Kabul. In den Jahren danach herrschten sie über viele Gebiete in Afghanistan. Ihr Staat war islamisch und befahl allen Einwohnern, nach ihren besonderen religiösen und gesellschaftlichen Vorstellungen zu leben.
Die Taliban ermordeten viele Menschen und zerstörten auch ganze Städte. Getötet wurde man zum Beispiel, wenn man die Taliban schlecht fand oder eine andere Religion als den Islam wählte. Auch Homosexuelle wurden verfolgt. Die Taliban töteten außerdem viele Menschen, die zu einer bestimmten Volksgruppe gehörten, den Hazari. Das liegt zum Teil daran, dass die Hazari meist Schiiten sind. Die Taliban sind Sunniten, das ist eine andere Glaubensrichtung im Islam.
Mädchen durften nicht zur Schule gehen und Frauen keinen Beruf ausüben. Sie durften auch nicht zu einem männlichen Arzt gehen. Als Frau konnte man nur aus dem Haus, wenn ein männlicher Verwandter mitkam. Sport treiben durften nur Männer. Die Taliban verboten auch Fernsehen und Musik.
Am meisten Geld verdienten die Taliban mit Drogen. Das dürfen Muslime eigentlich gar nicht. Aber die Taliban erlaubten den Anbau von Mohn. Daraus macht man Opium und Heroin. Diese gefährlichen Drogen werden bis heute von Afghanistan in die ganze Welt verkauft.
Nach einiger Zeit der Taliban-Herrschaft zeigten sich die Vor- und Nachteile ihrer Regierung immer deutlicher. Ihre Herrschaft hatte deshalb sowohl Freunde als auch Feinde im eigenen Land.
Zudem unterstützten die Taliban die Terroristen-Gruppe al-Kaida, die im Jahr 2001 die in Amerika verübt hatten. Die USA und ihre Verbündeten vermuteten den Kern der al-Kaida in Afghanistan. Sie eroberten das Land in kurzer Zeit, und es schien, dass die Taliban besiegt waren. Afghanistan erhielt eine demokratische Regierung und eine neue Verfassung.
Warum konnte man die Taliban nicht richtig besiegen?
Doch die Taliban gab es immer noch, zum Teil, weil sie sich in Pakistan verstecken konnten. Sie töteten auch viele Menschen. Umgekehrt versuchten die USA, Führer der Taliban-Aufständischen zu töten.
Nach und nach eroberten die Taliban Teile Afghanistans zurück. Im Sommer 2021, als die meisten ausländischen Soldaten abzogen, eroberten sie den Rest des Landes in kurzer Zeit zurück. Die afghanische Armee wehrte sich zum Teil kaum und floh sogar vor den Taliban, obwohl deren Armee nicht einmal sehr groß war.
Die Taliban begannen darauf, ihre alte Herrschaft wieder aufzubauen. Sie benannten das Land in „Islamisches Emirat Afghanistan“ um. Sie versprachen, das Land anders zu führen als früher: Mädchen sollen weiterhin die Schule besuchen dürfen, Frauen ihren Beruf ausüben. Viele Frauen trauten diesen Versprechungen nicht und litten unter Angst. Wer konnte, versuchte das Land zu verlassen.
Wer hat bei den Taliban das Sagen?
Bei den Taliban ist streng geregelt, wer der Chef von wem ist. An der Spitze steht Mawlawi Haibatullah Achundsada. Er bestimmt, wie die Taliban über Religion denken. Was er sagt, gilt aber nicht nur für die Religion, sondern auch für die Armee und die Politik.
Achundsada hat einige wenige Stellvertreter. Außerdem gibt es noch einen Rat mit 26 Mitgliedern. Sie beraten ihn. Ein wichtiger Stellvertreter ist Abdul Ghani Baradar. Er hat die Taliban mitgegründet. Er arbeitet in Doha, einer Stadt in Katar. Dort ist er der Ansprechpartner für fremde Staaten, die mit den Taliban sprechen wollen.
Kinder von der Volksgruppe der Hazara
- Mawlawi Hibatullah Akhundzada.jpg
Mawlawi Haibatullah Achundsada im Jahr 2018. Damals war er 57 Jahre alt.