Abstrakte Kunst

Aus Klexikon – das Kinderlexikon
Dieses Gemälde stammt aus dem Jahr 1915 und wurde von Kasimir Malevitsch gemalt. Das schwarze Quadrat ist standfest und verändert sich nicht. Das blaue Dreieck hingegen ist kleiner, aber lebendiger und beweglicher. Man kann im schwarzen Quadrat die Gesellschaft sehen, die sich kaum ändert.

Abstrakte Kunst nennt man oft auch gegenstandslose Kunst. Viele Kunstwerke, wie Statuen oder Gemälde, zeigen etwas, das man sofort erkennt: einen Gegenstand wie ein Haus oder einen Tisch, oder ein Tier, oder einen Menschen, oder eine Landschaft. Abstrakte Kunst hingegen zeigt so etwas nicht.

Bei der Abstrakten Kunst geht es um Formen und Farben. Wer sich so ein Kunstwerk anschaut, kann etwas fühlen oder über etwas nachdenken: Eine bestimmte Farbe wie Rot erinnert ihn an etwas Kraftvolles oder Gefährliches. Was genau für ihn kraftvoll oder gefährlich ist, kann er sich selbst vorstellen.

Das Wort abstrakt bedeutet so viel wie „wegziehen“ oder „loslösen“. Die Abstrakte Kunst ist also „losgelöst vom Gegenständlichen“. Der Künstler will etwas zeigen, ohne dass er konkrete Dinge, Menschen, Tiere und so weiter malen muss.

Viele Menschen finden Abstrakte Kunst nicht interessant. Sie können sich darunter nichts oder kaum etwas vorstellen. Manche Leute meinen, dass das gar keine Kunst sei.

Was ist „normale“ Kunst?

Ein Gemälde von Jacques-Louis David. Es zeigt den französischen Herrscher Napoleon auf einem Pferd. Jemand hat Linien und Kreise hinzugemalt, um zu zeigen, wie das Bild aufgebaut ist. Man kann zum Beispiel ein Dreieck erkennen: Die Eckpunkte sind unten die Hufe des Pferdes, und Napoleons Hand ist beinahe an der Spitze des Dreieckes. Das soll heißen: Was Napoleon tut, ist besonders wichtig.

Oftmals will man genau zeigen, wie etwas aussieht. Wissenschaftler wollen zum Beispiel wissen, wie eine bestimmte Vogelart aussieht. Heute macht man ein Foto, früher hat man Vögel gezeichnet. Solche Zeichnungen waren nicht unbedingt Kunst: Sie haben nur gezeigt, wie so ein Vogel aussieht.

Kunst geht einen Schritt weiter. Sie zeigt nicht nur das Sichtbare, sondern auch etwas, das eigentlich unsichtbar oder verborgen ist. Bei der Statue eines Menschen sieht man Gefühle wie Hass oder Mitleid. Die Statue steht für vielleicht für eine Art von Menschen, einen Helden, oder sie ist ein Zeichen für die Freiheit.

Manche Kunstwerke sind besonders wegen der Art, wie mit Farben gearbeitet wurde. Eine Farbe erscheint möglicherweise immer wieder an verschiedenen Stellen, und sie steht für einen Gedanken oder ein Gefühl. Das ganze Bild wird zusammengehalten von der Farbe. Oder aber eine Form verbindet etwas im Bild, wie ein Kreis oder eine Linie.

Wie kam es zur Abstrakten Kunst?

„Das Nachtcafé in Arles“ ist ein Gemälde aus dem Jahr 1888. Vincent van Gogh hat es gemalt. So richtig abstrakt ist das Gemälde noch nicht. Aber offensichtlich interessieren van Gogh vor allem Formen und Farben. Es ist grell im Zimmer, die Farben sind sehr unterschiedlich. Für van Gogh sind das die hässlichen Leidenschaften der Menschen.

Vielleicht hat es Abstrakte Kunst schon immer gegeben. Schon in der Steinzeit oder im Altertum hatte man auch Bilder mit Schnörkeln, Linien und anderen Formen, die nicht gleich etwas bedeuten. Normalerweise ist das allerdings nur eine Verzierung: Dahinter steht kein Gefühl und kein Gedanke.

In den Jahren um 1850 hat man die Fotografie erfunden. Wer etwas genau darstellen wollte, brauchte keine Zeichnung mehr. Manche Künstler dachten sich darum: Wie kann ich mit der Kunst noch etwas Besonderes machen, etwas, was man mit einen Foto nicht kann?

Für diese Künstler war es nicht mehr so wichtig, einen „Gegenstand“ richtig zu malen. Wichtiger waren Formen und Farben, die etwas betonen. Auch damit kann man Gefühle ausdrücken und den Betrachter anregen, selber etwas zu empfinden. Abstrakte Kunst geht daher noch einen Schritt weiter als die normale Kunst.

Wer waren die ersten Abstrakten Künstler?

Diese abstrakte Skulptur stammt von Henry Moore und steht in München. „Eine Figur aus zwei Teilen, die sich zurücklehnt“ heißt sie, oder auch: „Liegende“.

Die Künstler haben sich Schritt für Schritt vom Gegenständlichen entfernt. Darum kann man schlecht sagen, welches Kunstwerk das erste abstrakte war. Viele abstrakte Künstler haben übrigens mit „normaler“ Kunst angefangen und dann immer abstraktere Werke geschaffen.

Für manche Wissenschaftler war Hilma af Klint aus Schweden die erste abstrakte Malerin. Viel bekannter ist Wassily Kandinsky aus Russland. Seine Bilder waren zunächst expressionistisch. Daher hat er gelernt, mit kräftigen Farben zu arbeiten. Pablo Picasso gilt als bekannter abstrakter Maler, aber eigentlich sind seine Bilder oft noch ziemlich gegenständlich.

Bei den Malern begann die Abstrakte Kunst etwa um das Jahr 1910. Bei den Bildhauern dauerte es noch etwa 10 oder zwanzig Jahre länger. Bekannt ist zum Beispiel Henry Moore. Bei ihm erkennt man oft noch, dass er eigentlich einen Menschen zeigt, manchmal aber auch nicht.