Benutzer:Uwe Rohwedder/Dies und Das
Auf dieser Seite sammle ich Gedanken, die mich beim Schreiben im Klexikon beschäftigen und die vielleicht auch als Anregung und Diskussionsgrundlage für die Weiterentwicklung des Projektes dienen können. Sie sind meine persönliche Meinung und erheben nicht den Anspruch auf Allgemeingültigkeit.
Wie „frei“ ist das Klexikon?
Das Klexikon bezeichnet sich selbst als „Freie Enzyklopädie“ mit dem Anspruch, eine Art „Wikipedia für Kinder“ sein zu wollen. Diese dezidierte Anlehnung an die „große Schwester“ weckt jedoch mitunter bei Neuautoren, insbesondere wenn sie von der Wikipedia her kommen, falsche Erwartungen, die dann zu Missverständnissen und auch zu Enttäuschungen führen können. So haben sich die Initiatoren des Klexikon von Anfang an bewusst dazu entschieden, in mindestens zwei Punkten von der üblichen Wikipedia-Praxis abzuweichen:
- Das Klexikon ist nicht frei von jedermann bearbeitbar. Man braucht in jedem Fall ein Benutzerkonto, das man auch nicht selbst erstellen kann, sondern nur auf Anfrage vom Projektleiter oder einem anderen Klexikon-Administrator (z.Z. Ziko und ich) zugewiesen bekommt.
- Die Autoren sind nicht frei in der Wahl ihrer Themen. Um in der Startphase eine gewisse Ausgewogenheit der Themen zu erreichen, wurde eine sog. Artikel-Wunschliste angelegt, aus der die Autoren ihre Themen auswählen sollen. Zwar kann die Liste jederzeit ergänzt werden; das genaue Verfahren dazu war aber offenbar nicht allen Beteiligten immer ganz klar und hat in der Vergangenheit bereits wiederholt zu Konflikten geführt.
Es gibt zweifellos gute Gründe für diese Einschränkungen, die hier im Moment auch nicht diskutiert werden sollen. Wichtig erscheint mir aber, dass sowohl die Einschränkungen selbst als auch die Gründe dafür noch deutlicher als bisher kommuniziert werden sollten. Auch halte ich es für sinnvoll, von Zeit zu Zeit zu überprüfen, ob die Gründe noch vorliegen bzw. ob die genannten Einschränkungen ihren eigentlichen Zweck noch erfüllen.
Im Übrigen meine ich: Wenn wir in diesen beiden Punkten von Wikipedia abweichen können, dann sehe ich keinen Grund, warum das nicht auch in anderen Punkten (s. unten) möglich sein soll.
Wie „leicht“ soll das Klexikon sein?
Die Maxime Hilfe:Kindgerecht erscheint auf den ersten Blick einleuchtend, der Teufel steckt aber wie so oft im Detail. Und die Meinungen darüber, was „kindgerecht“ sei, gehen mitunter weit auseinander. Ich meine dazu folgendes:
- „Kindgerecht“ ist nicht gleichbedeutend mit „leichter Sprache“. Die anvisierte Zielgruppe von 6 bis 12 Jahren ist relativ breit, und auch die Lesefähigkeiten von Gleichaltrigen können erheblich variieren. Wer schon dicke Harry Potter-Wälzer verschlungen hat, kann andere Texte verarbeiten als jemand, der gerade mit Lesen anfängt oder die deutsche Sprache erst erlernt. Es ist daher illusorisch zu glauben, man könne ein Lexikon für alle Kinder schreiben. Insbesondere erscheint es mir nicht sinnvoll, sämtliche Themen – auch solche die z.B. in der Schule erst in der Sekundarstufe I „drankommen“ – auf dem sprachlichen Niveau von Leseanfängern abhandeln zu wollen.
- Angemessener erscheint mir, von einer gewissen Bandbreite kindlicher Lebenswelten und unterschiedlicher Leseerfahrzungen auszugehen. Konkret gesagt: Ein Erstklässler sucht in der Regel nicht nach „Französischer Revolution“ oder „Zweiter Weltkrieg“, und wer doch solche Themen sucht, kann vermutlich auch schon längere Texte und „schwerere“ Wörter verstehen. D.h. anspruchsvollere Themen (z.B. historische, aber nicht nur) dürfen auch anspruchsvoller formuliert sein als Artikel über Tiere oder Alltagsgegenstände.
- Bandwurm- oder Schachtelsätze, Nominal- und Passivstil sind in keiner Enzyklopädie wirklich angemessen, in einem Lexikon für Kinder sind sie aber besonders fehl am Platz. Gleichwohl muss man auch nicht jeden einfachen Relativsatz zwanghaft in zwei Hauptsätze zerteilen.
- Ähnliches gilt für Fach- und Fremdwörter: Auch sie muss man nicht um jeden Preis vermeiden, sondern sollte sie je nach Thema lieber angemessen erklären. Schließlich hören und lesen die Kinder diese Wörter auch anderswo, also sollten sie hier erfahren können, was sie bedeuten.
- Besonders unschön finde ich den massenhaften Gebrauch „pseudo-kindlicher“ Ausdrücke. Nicht jeder Anführer ist ein „Chef“, und nicht jede Tätigkeit muss mit „machen“ ausgedrückt werden. Ein Lexikon darf und soll m.E. auch die kindliche Phantasie anregen und nicht künstlich klein halten.
- Wichtiger als die Wortwahl erscheint mir die richtige, kindgerechte Perspektive: Wikipedia-Artikel beginnen meist mit einer allgemeinen (abstrakten) Definition und erläutern diese dann „deduktiv“ anhand konkreter Einzelbeispiele. Ein Kinderlexikon kann und sollte hier anders vorgehen dürfen: Gerade für jüngere Leser kann es sinnvoll sein, von konkreten, sinnlich erfahrbaren Gegenständen auszugehen und die allgemeineren, abstrakteren Begriffe „induktiv“ davon abzuleiten.
Brauchen Klexikon-Autoren Wikipedia-Erfahrung?
Klare Antwort: Nein, wichtiger als Wikipedia-Erfahrung ist m.E. praktische Alltags-Erfahrung mit Kindern, sei es beruflich oder privat. Das soll kein Ausschlusskriterium sein, aber es hilft schon ungemein zu wissen, für wen man schreibt.
- Die Bedienung der Wiki-Software kann m.E. recht schnell erlernt werden, hier sogar noch leichter als in Wikipedia mit ihren vielen Formatierungsregeln.
- Erfahrung im kollaborativen Arbeiten ist zwar hilfreich, kann aber auch erlernt werden, ggf. unter Anleitung erfahrener Nutzer. Die Idee eines Online-Tutoriums oder regelmäßiger Workshops finde ich gut und steuere gern meine Erfahrungen bei.
- Ein zu ausgeprägter „Wikipedia-Blick“ kann zuweilen auch hinderlich sein, zumal wenn er nicht durch praktische Erfahrung „am Kind“ korrigiert wird. Manche ehernen „Regeln“, die in Wikipedia gelten oder sich dort einfach nur über die Jahre eingeschliffen haben, brauchen wir hier schlicht und einfach nicht.
- Wikipedia-Artikel sind oft schlechte Vorlagen für ein Kinderlexikon – meist ist es sinnvoller, sie komplett neu zu schreiben und dabei bewusst auch ganz andere Akzente zu setzen. Dabei wünsche ich mir vor allem deutlich mehr stilistische Flexibilität, mehr Erklären und Erzählen als nur Definieren und Deduzieren, und ja, zuweilen auch mehr Mut zum „POV“ (Wikipedia-Slang für „persönlicher Standpunkt“).
- „Für Kinder muss man schreiben wie für Erwachsene – nur besser!“ (Maxim Gorki)